[Rezension] Die Meisterin

Die Meisterin (Bd. 1) – Markus Heitz

DieMeisterin

Verlag: Knaur Verlag | Seiten: 480
Erschienen: 2020

Kurzbeschreibung
Geneve Cornelius gehört einer Scharfrichter-Dynastie an, hat jedoch, anders als ihre Mutter und ihr Bruder niemals gerichtet. Sie hat sich seit Jahrhunderten dem Heilen verschrieben und nicht dem Töten. Als ihr Bruder in London hinterrücks ermordet wird, scheint die Fehde, welche ihre Familie mit der Dynastie der Bugatti in Feindschaft verbindet, wieder aufzuleben. Fest entschlossen, begibt sich Geneve auf die Suche nach dem Mörder ihres Bruders, doch in ihrem Eifer entgehen ihr die bedrohlichen Vorfälle in ihrer Heimatstadt Leipzig. Denn dort versuchen mystische Kreaturen die bisherige Ordnung zu stürzen.


Meine Meinung
Der Roman „Die Meisterin“ ist bereits 2018 als Hörspiel auf dem Markt erschienen und nun ist die Geschichte auch in Romanform erhältlich. Das Hörspiel ist kurioserweise komplett an mir vorbeigegangen. Halb so schlimm, denn ich lese sowieso lieber selbst. Der Roman entpuppt sich als eine Mischung aus historischem sowie Urban-, Fantasy-, Thriller-, Mystery-Roman zu sein. Ganz schön viele unterschiedliche Genres mit vielen verschiedenen Schwerpunkten und Anforderungen. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Autor das Beste aus jedem Genre herausgeholt hat, viele Aspekte geschickt miteinander verknüpft und so eine interessante Mischung zu Stande gebracht hat. Aber ich muss leider auch sagen, dass, obwohl es sich um einen Roman von Markus Heitz handelt, ich eher nur mäßig begeistert aus der Lektüre herausgegangen bin.

Im Roman treffen sich verschiedene Handlungs- bzw Zeitebenen: Zeitlich gesehen, wechselt die Handlung zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit (ungefähr zu Beginn des 17. Jahrhunderts). In der Gegenwart lernt man die Heilerin Geneve Cornelius kennen, die einer Scharfrichter-Dynastie entstammt und die sich mit einem Bugatti-Nachfahren auf die Spur des Mörders ihres Bruders begibt. Dabei reisen sie durch London und New Orleans. Daneben lernt man Dara kennen, die, während Geneves Abwesenheit von Leipzig, zum Spielball dunkler Mächte wird. Die Gegenwart spielt größtenteils in Leipzig und ich fand dieses Urban-Fantasy-Leipzig irgendwie saucool, aber auch extrem befremdlich. Ich hatte Schwierigkeiten, mir ein Leipzig vorzustellen, welches von Kreaturen der Dunkelheit bevölkert ist und die mit modernem Exorzismus bekämpft werden sollen. Und das Ganze dann auch noch in der Eisenbahnstraße. Die Straße wird ihren schlechten Ruf wirklich niemals verlieren. Die Handlung, welche den Leser in das früher 17. Jahrhundert versetzt, klärt den Leser über die Arbeit eines Scharfrichters und der Inquisition auf. Man begegnet den verschiedenen Scharfrichter-Dynastien Cornelius und Bugatti und einer ganz anderen Art von Dunkelheit.

Erzählerisch habe ich mich in der Vergangenheit wohler gefühlt, die Geschehnisse schienen flüssiger abzulaufen und waren insgesamt besser und glaubwürdiger verpackt. Es ist verrückt, dass es mir einfacher fällt, Magie und Zauberei besser in der Vergangenheit zu verankern als in die Gegenwart.

Die Erzählstimme aus dem Jenseits, die den Leser durch die Geschichte führt, liefert vie laufschlussreiches Wissen zum Beruf des Scharfrichters im Wandel der Zeiten und fungiert als Medium zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit. Dieses Wissen ist aber leider etwas trocken aufgearbeitet und hat die Handlung wie den Spannungsbogen stark ausgebremst. Es erschien mir viel mehr wie eine Auflistung von Fachwissen aus einer Monographie für Gerichtsbarkeit der Frühen Neuzeit als gelebte Geschichte, um welche es sich aber laut der Stimme aus dem Off handeln sollte.

Da der Henkersberuf in diesem Roman im Mittelpunkt steht und es sich noch dazu um einen Thriller handelt, in dem Dämonen, Vampire und andere „nette“ Gestalten ihr Unwesen treiben (und diese sind ja bekanntlich schwer zu töten), gestaltet sich die Romanhandlung extrem blutig und spart nicht an mehr oder weniger expliziten Gewaltszenen.

Neben Geneve spielt Alessandro Bugatti, ein Nachfahre der italienischen Bugatti-Dynastie eine wichtige Rolle. Zu ihm konnte ich absolut keine Verbindung aufbauen und das hat diverse Gründe. Er kam mir in seinem Verhalten sehr platt und aalglatt vor. Unter anderem weil der Autor ihm immer wieder dieselben italienischen Aussprüche in den Mund gelegt hat – so spricht kein Italiener. Und das dann auch noch so fehlerhaft: „alora“ statt „allora“, „buena notte“ anstatt „buona notte“ und „por favore“ anstelle von „per favore“. Hat hier kein Fremdsprachenlektor nochmal drüber geschaut? Wobei man auch einfach mal eine Suchmaschine oder ein Wörterbuch seiner Wahl hätte befragen können – das hätte auch schon ausgereicht. Das alles ist leider sehr zum Nachteil der Figur gefallen. Aber auch abseits dieser Fehler hat sein Verhalten einfach etwas zu vertrauenswürdiges. Da kann doch etwas nicht stimmen. Na, vielleicht geben die kommenden Bände Aufschluss darüber.

Geneve fand ich tatsächlich ansprechender als den Italiener, aber auch nur minimal. Sie ist eine starke Frau, wirkt aber obwohl sie schon ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel hat, nicht übermenschlich. Das meine ich positiv! Sie überschätzt ihre Fähigkeiten nicht und ist auch nicht perfekt. Sie macht sich andererseits aber auch nicht klein. Plus: sie überschattet Alessandro Bugatti um einige Meter – weshalb ich inständig hoffe, dass sie sich anderweitig umsieht. Aber dennoch, irgendwas stimmt auch nicht mit ihr, so richtig authentisch kam sie mir auch nicht vor. Ich kann es aber nicht bennen.


Mein Fazit
Trotz origineller Idee und Umsetzung ist der Funke zwischen „Die Meisterin“ und mir nicht richtig übergesprungen. Hauptsächlich lag es wohl an den Figuren, die mich einfach nicht überzeugen konnten. Trotzdem hat die Geschichte um Geneve, die Fehde ihrer Familie und dem dunklen Leipzig für ein paar spannende und unterhaltsame Stunden gesorgt – mehr aber auch leider nicht. Die weiteren Bände werde ich mir wohl tatsächlich eher als Hörspiele zu Gemüte führen. Leseempfehlung? Ja, aber mir ein paar Einschränkungen.

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