[Rezension] Divine Rivals (Bd. 1)

Divine Rivals – Rebecca Ross

Aquila

Verlag: HarperCollins | Seiten: 368
Erscheinungsjahr: 2023

Kurzbeschreibung

Iris Winnow arbeitet als Journalistin bei der Oath Gazette und strebt nach einer Beförderung, während ihr Leben um sie herum in sich zusammenfällt. Iris‘ Mutter ist alkoholabhängig und ihr Bruder gilt als an der Front verschollen. Um sich zu trösten, schreibt sie ihrem Bruder Briefe über ihre Schreibmaschine, die auf magische Weise verschwinden. Diese Briefe landen in den Händen von Roman Kitt, ihrem Rivalen. Dass er ihr anonym auf die Briefe antwortet, führt zu unerwarteten Folgen.


Meine Meinung

Dieser Roman wurde als DAS Buch beworben, das man unbedingt nach „Fourth Wing“ lesen sollte, um aus der Lesekrise herauszukommen (Ich habe die beiden Romane in einem Abstand vor circa 2-3 Monaten gelesen bzw. gehört; ich hatte die Lesekrise also schon wieder überwunden). Die beiden Romane sollen sich ach so ähnlich sein: Romantasy, Enemies-to-lovers, Krieg, magische Bestien und ein ähnlicher Twist am Ende. Aber was soll ich sagen… zwischen diesen beiden Büchern liegen Welten! Die Autorin bewirbt ihren Roman folgendermaßen:

an epic enemies-to-lovers fantasy novel filled with hope and heartbreak, and the unparalleled power of love (https://rebeccarossauthor.com/divine-rivals/)

Ich muss leider sagen, dass ich dieser Beschreibung etwas skeptisch gegenüberstehe. In meiner Rezension versuche ich das Warum zu erklären.

Dieser Roman enthält sehr viel Romance und eine verhaltene, sehr willkürlich eingestreute Prise Fantasy. Die magischsten Elemente sind die Schreibmaschinen und dieser eine Supermarkt, der mit magischen Waren gefüllt ist. Aber sonst…? „Divine Rivals“ gehört eher ins Genre der Historischen Fiktion „angereichert“ mit etwas Magie. Auch das World Building ist gefühlt inexistent. Das Setting erinnert an die Zeit des 1. Weltkriegs (vor allem wegen des Grabenkrieges) und kulturell-gesellschaftlich könnte das Setting an das UK Anfang des 20. Jahrhunderts angelehnt sein. Anderswo habe ich gelesen, dass der Roman während des Viktorianischen Zeitalters spielen soll. Großes Fragezeichen. Die Welt war mir bis zum Ende vollkommen unbekannt. Irgendwelche Götter spielen eine Rolle, deren Konflikt einen Krieg auslöst? Für mich war das ein sehr halbgarer Mythos und die Lore wird dermaßen oberflächlich erzählt, dass es mir unmöglich war so richtig in diese Welt eintauchen konnte. Demnach sträubt sich einiges in mir den Roman als „epic […] fantasy novel“ zu bezeichnen.

Während „Fourth Wing“ den Fokus eher auf Lust und Verlangen setzt, ist dies so gut wie gar nicht in „Divine Rivals“ vorhanden. Dafür gibt es die richtig großen Gefühle und Liebeserklärungen: schnulzige Liebesbriefe, Herzschmerz und bewegende Rosamunde-Pilcher-Vibes (oder zumindest das, was ich mir darunter vorstelle). Also ja, mit der zweiten Hälfte der Beschreibung gehe ich mit: Hoffnung, Herzschmerz und die Macht der Liebe stehen im Roman tatsächlich sehr stark im Vordergrund. Das Körperliche ist weichgezeichnet und findet mehr oder weniger hinter verschlossenen Türen und im Dunklen statt.

An sich hatte ich mit der Art und Weise wie die Romantik in diesem Roman dargestellt wird kein Problem. Womit ich ein Problem hatte, war Iris‘ Schwarm: Roman Kitt. Iris schreibt ihrem Bruder Briefe, die auf magische Weise in Romans Hände fallen. In diesen Briefen schüttet sie ihr Herz aus, erzählt von ihrem Leben und von den Sorgen, die es bestimmen. Diese epistolarischen Elemente haben mir sehr gut gefallen. Roman antwortet auf diese Briefe anonym und baut auf diese Weise eine Beziehung zu Iris auf. Doch während er weiß, wer sein Gegenüber ist, weiß Iris das nicht. Und als sich diese Briefbeziehung in die Realität verlagert, führt es zu einem unglaublichen Machtgefälle zwischen den beiden. Meiner Meinung nach, nutzt Roman sein Wissen um Iris‘ Leben aus und verhält sich ihr gegenüber manipulativ und verunsichert sie gezielt – das wird im Verlauf der Handlung auch schlimmer. Manipulation und Gaslighting, das ist keine Romantik.

Auch hatte ich das Gefühl, dass die Beziehung zu Roman Iris zu einer flacheren Figur macht. Er macht sie uninteressant, weil sich plötzlich ihr ganzes Sein und Handeln nur noch um ihn dreht. Dabei hatte sie doch so ein wichtiges Ziel vor Augen! Bevor Iris sich auf Roman einlässt, ist sie eine interessante Figur mit einer fesselnden Hintergrundgeschichte, einer nachvollziehbaren Motivation, die ihrer Figur Stärke und Resilienz verleiht. Ihre Beziehung zu Roman ist keine Bereicherung für ihre Figur. Und ich konnte auch ganz ehrlich nicht nachvollziehen, was sie an ihm findet. Mit den Kapiteln aus seiner Perspektive konnte er keine Sympathiepunkte bei mir sammeln. Er war mir zu weinerlich, zu selbstgerecht und spielt viel zu häufig die beleidigte Leberwurst. Insgesamt ging mir die Beziehung zwischen den beiden auch zu schnell. Ja, sie verlieben sich zu Kriegszeiten an der Front. Sie müssen um ihrer beider Leben und Zukunft bangen. Sie wissen nicht, ob es ein Morgen geben wird. Daher ist die Liebe zu Kriegszeiten schwer zu bewerten. Das Konzept der „Purity Culture“ (also kein Sex vor der Ehe) spielt hier auch eine wichtige Rolle, was durchaus zu dem allgemeinen Setting passt – auch hier starkes Kontrastprogramm zu „Fourth Wing“.

Roman und Iris sind übrigens auch keine Feinde, sie sind Rivalen. Sie sind berufliche Konkurrenten, die um dieselbe Beförderung wetteifern. Auch der Konflikt, der sie im Laufe des Romans auseinandertreibt, macht sie nicht zu Feinden. Daher handelt es sich definitiv nicht um „an […] enemies-to-lovers […] novel“. Punkt.

Nun zu den magischen Bestien, die für mich ein ziemlicher Witz waren. In „Fourth Wing“ sind Drachen die große Attraktion, die auch eine wichtige Rolle spielen. Aber in diesem Roman bin ich mir überhaupt nicht sicher, was es mit diesen magischen Bestien auf sich haben soll. Keine Attraktion, sondern eher eine Enttäuschung.

Die Handlung schreitet eher gemächlich voran. Es passiert nicht sonderlich viel und das, was passiert, geschieht langsam. Der Fokus der Geschichte liegt auf der Beziehung von Iris und Roman und die Handlung drumherum wird zweitrangig, das World Building sogar drittrangig. Das Ende hat mir sehr viel Kopfzerbrechen bereitet. Ja, der Twist kommt dem von „Fourth Wing“ sehr nahe, aber er ist in diesem Roman einfach nicht gut umgesetzt. Vor allem die letzten Szenen haben mich einfach nur verwirrt. Da ich das Ende niemandem spoilern möchte, kann ich hier leider nicht in die Tiefe gehen; aber für mich waren Teile davon einfach zu absurd. Vielleicht müsste ich, um das Ende besser zu verstehen, Band 2 lesen, aber ganz ehrlich… nein.

Der Krieg, der in beiden Romanen eine Rolle spielt, hat eine Gemeinsamkeit: Bei beiden Romanen ist mir der Kriegsauslöser recht schleierhaft. Die Handlung des Romans findet größtenteils in einem Gebiet hinter der Frontlinie statt und einige Szenen auch unmittelbar in den Verteidigungsgräben. Aber leider gelingt der Autorin die Schilderung des aktiven Kriegsgeschehens nur so halbwegs. Ich hatte auch Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass man zwei junge Journalist*innen ohne militärische Ausbildung einfach so in ein aktives Kampfgebiet schickt und erwartet, dass sie mit Neuigkeiten überleben. Das erscheint mir doch höchst unwahrscheinlich. Aber wenn das ein Teil der von der Autorin erschaffenen Welt ist, dann ist das so (Stichwort: fehlendes World Building). Ich finde es auch ein bisschen unpassend, eine Romanze zu schreiben, die auf dem Hintergrund eines Grabenkriegs spielt, während in der Ukraine seit fast zwei Jahren ein grausamer Grabenkrieg geführt wird. Aber vielleicht ist das auch nur meine eigene Empfindlichkeit.


Mein Fazit

„Divine Rivals“ gilt als der Roman, den man nach „Fourth Wing“ lesen sollte und der unglaublich gehyped wird. Anders als bei „Fourth Wing“ finde ich den Hype um dieses Buch nicht sonderlich gerechtfertigt. Mich hat die Geschichte eher enttäuscht, aber als Unterhaltung auf dem Krankenbett konnte sie durchaus herhalten. Mehr als bei „Fourth Wing“ hatte ich hier das Gefühl, dass die Zielgruppe des Romans Leser*innen der Genre Romance und Historische Fiktion sind, die den kleinen Zeh ins Fantasy-Genre tauchen wollen. Und ich möchte betonen, dass „Divine Rivals“ nicht ins Fantasy-Genre gehört, sondern eher ins Genre Romantasy, als Ketegorie von Romance. In Band 2 hat die Autorin sehr viel zu erklären und zu vertiefen, aber um ehrlich zu sein, werde ich mir diese Zeit sparen.


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