[Rezension] Spinning Silver | Das kalte Reich des Silbers


Titel: Spinning Silver
Autor: Naomi Novik
Verlag: Macmillan
Seiten: 474
Erschienen: 2018

 

Kurzbeschreibung
Miryem ist die Tochter eines mittelmäßigen Geldverleihers. Um der Armut zu entgehen, übernimmt sie die Arbeit ihres Vaters. Ihr Handeln ist zunehmend von Erfolg gekrönt, sodass der König des Winters auf sie aufmerksam wird und sie herausfordert. Irina soll den Zaren heiraten. Doch dieser ist unberechenbar und in ihm lauert ein Monster. Können die beiden Mädchen ihrem Schicksal entfliehen?

Meine Meinung
Dieser Roman ist Magie – durch und durch, von der ersten bis zur letzten Seite. Das ist Naomi Novik, wie man sie liebt und gerne liest. Zunächst war ich tatsächlich etwas skeptisch, weil mir ‚Uprooted‘ so gar nicht gefallen hat. Aber nach ein paar Seiten schon, waren meine Zweifel wie weggeblasen. Es kam mir vor, als hätte die Autorin, vor allem im Hinblick auf den Schreibstil, eine 360° Wendung vollführt. Anders als bei ‚Uprooted‘ ist dieser nicht ausschweifend und langweilig, sondern pointiert aber trotzdem tiefgehend.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Autorin legt jeder einzelnen Figur, die richtigen Worte und den passenden Sprechstil in den Mund. Mal ist der Stil einfach und schnörkellos und an anderer Stelle elaboriert, ohne hochtrabend zu sein. Allgemein verwendet die Autorin eine sehr bildhafte Sprache. Diese wirkt aber nicht so abgedroschen wie in anderen YA-Romanen.

Die Erzählung ist durchgehend spannend. Man möchte stets wissen, wie es weitergehen könnte und spekuliert auf Teufel komm raus (Mirnatius bleib wo du bist!). Es kommt zu vielen unerwarteten Wendungen, die aber nicht abwegig erscheinen, sondern sich perfekt in die Resthandlung einfügen. Das Setting ist ähnlich dem von ‚Uprooted‘. Dort war das Setting auch eines der wenigen Elemente, die mir gefielen. Man reist in ein Land, das stark and Polen, Russland und Littauen erinnert. Es gibt Parallelen zu unserer Welt und trotzdem ist die Welt von Irina und Miryem, den zwei Hauptfiguren, ganz anders. Genau diese Mischung erlaubt es dem Leser, sich als Teil der Geschichte zu fühlen. Ich würde zu gerne mal einen Abstecher in die Welt der Staryk machen. Auch wenn mich der Staryk-King sehr stark an den Night King aus GoT erinnert hat. Vielleicht einen Ticken weniger dämonisch.

Die Figuren sind vielschichtig und sehr gut ausgearbeitet. Vor allem Wanda habe ich in mein Herz geschlossen. Trotz ihrer äußeren Einfachheit sind Wanda, Sergey und Stepon sehr lebendig und verbergen sehr viel mehr als man zunächst meint. Miryem und Irina sind beides sehr starke Frauenfiguren, auch wenn sie mir nicht ganz so sympathisch erschienen. Sie sind beide sehr eigensinnig und distanziert. Fast schon überheblich, vor allem Miryem. Keine der beiden ist ihrem Schicksal treu ergeben. Sie ‚flennen‘ nicht rum, sondern nehmen die Strippen selbst in die Hand. Halleluja! Das fehlt mir in vielen anderen YA-Romanen. Was mir weiterhin sehr gut gefallen hat, war die Beziehung zwischen den beiden Mädchen. Ich finde es gut, dass Naomi Novik mit der Tradition bricht und sich von den Standarddynamiken abwendet. Mirnatius und der Staryk-King sind geniale und unvergessliche Bösewichte.

Das Magische und Märchenhafte spielen in der Geschichte eine wichtige Rolle (vor allem das Märchen von Rumpelstilzchen). Die Handlung enthält sehr viele Motive, die typisch für das Märchengenre sind. Würde ich mich auf dem Gebiet besser auskennen, wären mir bestimmt noch viel mehr aufgefallen. Den ewigen Kampf der Elemente findet man sehr häufig in der Fantasy-Literatur, nicht zuletzt bei GoT. Ich finde, dass die Autorin, dieses Motiv auf eine sehr kluge, ansprechende und andersartige Weise verarbeitet hat. Sie hat diesem fortwährenden Konflikt einen warmen Funken und kalten Hauch Lebendigkeit und Abwechslung hinzugegeben.

Der Ausgang der Geschichte kam unerwartet und war, für meinen Geschmack, etwas zu kitschig. Die Autorin trägt ziemlich dick auf. Die Hälfte von der Portion Kitsch hätte es auch getan. Aber andererseits wäre ein anderes Ende undenkbar gewesen.

Mein Fazit
‚Spinning Silver‘ ist Naomi Novik wie man sie am liebsten liest. Sie verbindet in ihrer Geschichte starke Figuren und eine eindrucksvolle Handlung, das alles vor dem Hintergrund der Fantasie, der Märchen und der Liebe. Der Roman gehört definitiv zu meinen Jahreshighlights 2018. Meiner Meinung nach die perfekte Lektüre für die kalten Wintermonate. Wenn ich könnte, würde ich das Buch aus meinem Kopf löschen, um es dann nochmal lesen zu können. Die deutsche Übersetzung von ‚Spinning Silver‘ (‚Das kalte Reich des Silbers‘) erscheint vsl. im März 2019.

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