[Lesung] Eine Mutter kämpft gegen Hitler

Am vergangenen Freitag, dem 14.07, war ich mit einer Freundin im Germanischen Museum in Nürnberg. Dort haben wir einer Lesung von Patricia Litten gelauscht. Die Lesung wurde musikalisch begleitet und untermalt von der Cellistin Birgit Förstner. Es war unglaublich bewegend, diesem Ensemble aus wortgewaltiger Stimme und mal sanften, mal dunklen Tönen der Musik zu lauschen. Für mich war es Gänsehautfeeling pur!

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich im Vorfeld noch nie etwas von Hans Litten gehört habe. Es kann sein, dass der Name mal gefallen ist, aber sein Schicksal war mir unbekannt.

Patricia Litten, die Enkelin von Irmgard Litten, hat aus dem Buch ihrer Großmutter vorgelesen. Irmgard Litten schildert in ihrem Buch wie sie im NS-Staat mit allen Mitteln um das Leben ihres Sohnes, Hans Litten, gekämpft hat. Der Klappentext kann das mal wieder besser erklären als ich:

Eine wahre Geschichte und ein Dokument des mutigen Einsatzes zweier Menschen für Gerechtigkeit: Irmgard Littens Buch ist der erschütternde Bericht einer Mutter, die im NS-Staat um die Freiheit und das Leben ihres Sohnes kämpfte – und es erzählt vom bewegenden Schicksal Hans Littens, des Anwalts, der Hitler 1931 in den Zeugenstand rief.

Wenn ich Romane lese, die vom Nationalsozialismus handeln, dann sind dies meistens Schilderungen von Zeitzeugen, die die Schrecken im KZ mit- und überlebt haben. Daher war diese Lesung ein interessanter und erhellender Perspektivwechsel. Ich denke, dass dieses Buch sehr viel darüber verrät wie sich Familienangehörige und Freunde gefühlt haben, wenn einer ihrer Liebsten inhaftiert wurde. Die Lesung hat dahingehend bereits einen erschreckenden und ehrlichen Einblick gegeben. Aber Patricia Litten hat nicht nur von den Bemühungen ihrer Großmutter berichtet, sondern auch von der Gewalt, die Hans Litten angetan worden ist.

Patricia Litten war an diesem Abend das Sprachrohr für all diejenigen, die nie die Chance bekommen haben, ihre Geschichte zu erzählen. Seien es Familienangehörige oder Gefangene. Auf diese Weise erhält sie das Vermächtnis von Hans Litten und seinen Prinzipien am Leben.

Patricia Litten hat mit großer Leidenschaft und Kraft vorgelesen. Ihre Gestik und Mimik verriet, dass sie (Theater-)Schauspielerin ist. Auch ihre Stimme, die mal ganz sanft und verletzlich klang, dann hart und unerbittlich, zeugte von ihrem Talent und ihrer Leidenschaft. Zuhören und Zuschauen waren gleichermaßen beeindruckend und bewegend, dass ich wahrscheinlich beim Lesen des Buchs ein Echo ihre Stimme im Ohr und ein Schatten ihrer Gestik und Mimik vor Augen haben werde.

Auch die Musik verlieh dem gelesenen Wort noch mehr Ausdruckskraft. Die Musik setzte immer an den richtigen Stellen ein und die Melodien betonten die Trauer, die Freude, den Hass und die aufflammende Hoffnung. Sie spiegelten oft die vorgelesene Textstelle wider. Gespielt wurden Stücke von Bach, ein Ausschnitt aus der Matthäus-Passion und improvisierte Melodien.

Patricia Litten hat auch aus dem Nachwort von Heribert Prantl gelesen, der viele Parallelen zur heutigen Zeit aufzeigt. Er schreibt:

Dieser Hans Litten hat aber auch juristische Nachfolger: Es sind dies Rechtsanwälte, die zwar nicht mit ihm verwandt sind, aber mit ihm im Kampf um das Recht verbunden sind. Nicht wenige teilen Hans Littens Verfolgungsschicksal, sie teilen es aber hoffentlich nicht bis zum bitteren Ende. Verhaftungsaktionen wie in der Februarnacht 1933 in Deutschland – es gibt sie heute in Ankara und Istanbul, in Teheran und in Peking. (S. 282)

Die anschließende Frage- und Diskussionsrunde war auch sehr aufschlussreich. Was passierte mit den Richtern, die dem Edenpalast-Prozess vorsaßen, bei dem Litten Hitler blamierte und so seinen Zorn auf sich zog? Welche Rolle spielte der Vater von Hans Litten in dieser Zeit? Die Schauspielerin hat auch davon erzählt, was es für sie bedeutet mit diesem Vermächtnis zu leben.

Dieser Lesung beizuwohnen, hat sich für mich definitiv gelohnt. Ich bin meiner Freundin dankbar, dass sie mich auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht hat. Und ich danke Patricia Litten, dass sie vorgelesen hat und so das Vermächtnis weitergibt. Ich habe Patricia Litten und Birgit Förstner gebannt zugehört. Ich habe vieles mitgenommen und eine andere Perspektive kennengelernt, über die ich schon oft nachgedacht habe. Demnächst werde ich mich in das Buch ihrer Großmutter vertiefen.

AUF DAS LEBEN!!!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weiterführende Links
Hans Litten (Wikipedia)

Literatur im GNM Lesung: Irmgard Litten: Eine Mutter kämpft gegen Hitler

Litten, Irmgard – Eine Mutter kämpft gegen Hitler (Verlagsseite)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner