[Rezension] A Magic Steeped in Poison – Was uns verwundbar macht (Bd. 1)

 

A Magic Steeped in Poison – Was uns verwundbar macht (Bd. 1) – Judy I. Lin

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Verlag: Macmillan Publishers | Seiten: 384
Erscheinungsjahr: 2022

Kurzbeschreibung

Ning gibt sich für den Tod ihrer Mutter die Schuld, denn es waren ihre Hände, die den vergifteten Tee zubereitet haben. Und nun schwebt auch ihre Schwester in Lebensgefahr. Ning sieht nur einen Ausweg: Das Königshaus richtet einen Wettbewerb aus, um den*die mächtigste*n Shennong-shi (Meister der antiken und magischen Teezubereitung) zu krönen. Dem der*die Gewinner*in erfüllt die Prinzessin einen Gefallen: Für Ning heißt es jetzt oder nie. Doch der Weg an die Spitze führt Ning durch ein Labyrinth aus Intrigen und Verrat.


Meine Meinung

Was mich an diesem Roman von Anfang an fasziniert und begeistert hat, war die Hingabe der Protagonistin zur traditionellen chinesischen Teezubereitung. Die Idee der Shennong-Shi und der von ihnen praktizierten Tee-Magie ist mir so noch nicht untergekommen. Je nach Teesorte und Zutaten rufen die Teegetränke bei den Trinkenden unterschiedliche magische Eigenschaften hervor: Der Tee verleiht ihnen zB Ausdauer oder er verleiht die Fäigkeit, Gedanken zu lesen oder erzeugen Visionen. Auch der wechselseitige Einfluss zwischen Tee-Meister*in und Trinkendem war wirklich interessant und vielseitig gestaltet. Es sind Zaubertränke der besonderen Art und tief verwurzelt in der chinesischen Mythologie. Das war für mich etwas völlig Neues und die Autorin hat es auch wirklich gut umgesetzt. Von alldem hätte ich gerne noch viel mehr lesen können.

Der Roman soll Fantasyliebhaber*innen und „C-drama aficionados“ ansprechen. Ich zähle mich zur ersten Kategorie und muss sagen, dass ich mich in diesem YA-Fantasy-Roman und in der darin zum Leben erweckten Welt sehr wohl gefühlt habe.

Dennoch hat sich der Einstieg in die Geschichte ein wenig holprig gestaltet. Die Protagonistin Ning beginnt ihr Abenteuer unmittelbar auf den ersten Seiten. Da war viel zu wenig Zeit, um ein Gefühl für die Protagonistin und ihr Leben zu bekommen – es bleibt bei einem kurzen Seitenblick. Deshalb kam mir Ning in den ersten Kapiteln eher wie eine Unbekannte vor. Da hat auch die Ich-Perspektive wenig Abhilfe geschaffen. Ich war auch ein wenig überrascht, dass sie, obwohl sie ihre Mutter ausversehen vergiftet hat, so gar kein Problem mit der Teezubereitung hatte. Ich hätte da ein paar mehr Unsicherheiten, Sorgen und Zurückhaltung erwartet. Über die gesamte Geschichte hinweg hatte ich auch insgesamt das Gefühl, dass die Protagonistin ein bisschen zu blass war und ihr eine griffige Persönlichkeit fehlte, aber das konnte mir die Freude an der Geschichte nicht nehmen.

Die Geschichte bewegt sich im chinesischen Kulturkreis, aber in einem fiktionalen Reich und wartet mit einer Mischung aus chinesischer Mythologie, Folklore und historisch-inspirierten Ereignissen auf. So sehr mich das Setting auch fasziniert hat, hätte ich mir gewünscht, dass es ein bisschen fassbarer gestaltet worden wäre. Ein bisschen mehr Tiefe wäre nicht verkehrt gewesen. Die Atmosphäre hat es nicht immer geschafft zu überzeugen. Diese Kritik bezieht sich sowohl auf die Handlungsorte, auf die historisch-fiktionalen Hintergründe und auch auf die handelnden Figuren.

Konflikte, die die Handlung vorantreiben, finden sich zuhauf zwischen den Seiten: Ning kommt aus der Provinz und findet sich nicht nur in der Hauptstadt des Königreiches Jia wieder, sondern sogar am königlichen Hof. Ihre Unwissenheit und Naivität sorgen immer wieder für Ärger und „komische“ Situationen. Auch der Wettbewerb und die Aufgaben, die von den Teilnehmenden zu erfüllen sind, stellten die Protagonistin immer wieder vor Herausforderungen: menschlich wie handwerklich – die sie, aber für meinen Geschmack ein wenig zu glatt und zu perfekt besteht.

Dann ist da natürlich noch der Love Interest, der Nings Zeit am Hof um einiges komplizierter macht als erwartet. Dieser (selbstverständlich) geheimnisvolle, gutaussehende junge Mann sorgt für ein bisschen Ablenkung vom Wettbewerb. Diese Ablenkung erleichtert Nings aber nicht, ganz im Gegenteil, sondern öffnet die Pforten für die all die politisch-leidenschaftluchen Intrigen, die die restliche Handlung beeinflussen. Glücklicherweise gestaltet sich dieser romantische Subplot auf einem angemessenen und angenehmen YA-Niveau und vermeidet es ins Klischee zu umzuschlagenn. Die Dynamik zwischen den beiden Turteltauben erschien mir nicht erzwungen und glaubhaft in die restliche Handlung eingebettet.

Obwohl es sich um einen YA-Fantasy-Roman handelt, hatte ich nicht das Gefühl, dass sich die Autorin mit einem schablonenhaften Plot begnügt. Man merkt zwar, dass einige Handlungspunkte nur wenig ausgestaltet sind und andere wiederum sehr stark im Fokus stehen, was das Pacing manchmal etwas durcheinander bringt, aber insgesamt hat mich der Spannungsbogen bei der Stange gehalten. Gegen Ende wurde es dann sehr hektisch: Die Ereeignisse häuften sich, während die Seiten immer weniger wurden. In diesem Fall hätte ich mir ein besseres Gleichgewicht gewünscht. Da die Zusammenhänge auch teilweise lose im Wind flatterten, bin ich nicht immer hinterhergekommen. Aber die letzten 50-70 Seiten habe ich nur so verschlungen und meine Gier wurde mit einem Cliffhanger bestraft.


Mein Fazit

„A Magic Steeped in Poison” ist ein spannendes und abwechslungsreiches Debüt, das mit einer vielfältigen Fantasy-Mischung aufwartet und für ein paar aufregende Lesestunden gesorgt hat. Ein wenig blass und farblos erscheinen die Figuren und das Setting, aber insgesamt hat mir der Roman sehr gut gefallen. Ich habe also kein schlechtes Gewissen, diesen Roman weiterzuempfehlen.


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