[Rezension] Quella volta che mia moglie ha cucinato i peperoni

Quella volta che mia moglie ha cucinato i peperoni – Arianna Mortelliti

Aquila

Verlag: Mondadori | Seiten: 156
Erscheinungsjahr: 2023

Kurzbeschreibung

Der fünfundneunzigjährige Arturo fällt bei einem medizinischen Notfall ins Koma. Obwohl es der behandelnde Arzt ausschließt, nimmt er seine Umgebung noch bruchstückweise wahr. In einem Strudel aus Erinnerungen, Träumen und Wachmomenten rekonstruiert er sein Leben. Und es ist vor allem sein vor Jahrzehnten verschwundener Bruder Dado, der immer wieder auftaucht und mit Arturo spricht. In diesem Bewusstseinsstrudel lernt Arturo seine Familie, die an seinem Krankenbett von Liebe, Schmerz und Geheimnissen sprechen, nochmal neu kennen.


Meine Meinung

Dieser Roman hinterlässt bei mir eher gemischte Gefühle, was ich sehr schade finde, denn eigentlich finde ich die Prämisse des Romans wirklich gut. Nur die Umsetzung und einige andere Elemente der Geschichte haben mir nicht so gut gefallen.

Ich falle auch direkt mit der Tür ins Haus: Der Umgang mit Homosexualität in diesem Roman fand ich sehr enttäuschend. Um nicht weiter zu spoilern, bleibt mir nur zu sagen: Warum wird das Leben von homosexuellen Figuren in Romanen der Gegenwartsliteratur von heterosexuellen Autor*innen immer so unglaublich tragisch dargestellt (wie in „My Police Man“ von Bethan Roberts)?! Der Roman hat zwar auch löbliche und bewundernswerte Elemente, aber ich habe dieses tragisch-effektheischende Erzählen etwas satt. Von daher: Please, do better!

Ich bin ehrlich: Der Titel (~ dt. „Als meine Frau die Paprikas kochte“) in Kombination mit dem Klappentext hat mein Interesse geweckt. Ich war also sehr neugierig und sehr erpicht darauf zu erfahren, welche Erinnerung Arturo mit den gekochten Paprikas seiner Frau verbindet. Die Erkenntnis war dann doch sehr ernüchtern und enttäuschend. Die Paprikas wurden leider nur in einem Nebensatz erwähnt und die Erinnerung daran geht insgesamt unter. Schade!

Da ich nun diese zwei Kritikpunkte aus dem Weg geräumt habe, komme ich jetzt zum restlichen Roman:

Im Vordergrund dieser Geschichte stehen Gedanken, Erinnerungen, Erzählungen und Gefühle, aber vor allem das Sterben. Denn das ist dieser Roman letztendlich: Es ist eine Geschichte über das Sterben, über den Umgang mit Trauer, Verzweiflung und Angst der Trauernden und auch des Sterbenden, die diesen so menschlichen Vorgang begleiten. Da geht es um das Lieblingslied von Arturo, um das kaputte Handy oder um eine anstehende Trennung. Diese Facetten darzustellen, ist der Autorin sehr gut gelungen. Ich muss schon sagen, dass es eine sehr emotionale Lektüre war. Vor allem reißt die Emotionalität kaum ab. Das ist vor allem der Struktur des Romans und des Schreibstils zu verdanken.

Die Übergänge, die die Autorin zwischen Erinnerungen, Gedanken, Träumen, Wachmomenten und Gesprächen schreibt, sind flüssig und reibungslos gestaltet. Die Perspektive von Arturo steht natürlich im Mittelpunkt, alles was man liest, erfährt man aus seiner eingeschränkten Sicht auf sich selbst und auf die anderen. Aber die Autorin weiß diese Beschränkung zu nutzen und zu gestalten. Eine Erinnerung wird im Gespräch fortgeführt oder eine Erzählung verwandelt sich in eine Erinnerung. Und die Emotionalität hält sich über diese Übergänge hinweg und verstärkt sich sogar. Es ist ein ständiges Wechseln zwischen Realität und Fantasie, an das ich mich erst gewöhnen musste. Ich musste mich erst in diesen Erzählrhythmus einfinden und nicht immer war sofort klar, worum es sich genau handelt, ob es sich um einen Wachmoment oder um einen Traum, eine Erinnerung, eine Vorstellung handelt, die sich nur in Arturos Kopf abspielt.

An Arturos Krankenbett kommen vor allem die Frauen in seinem Leben zur Sprache: Caroline, seine Ehefrau und Liebe seines Lebens; seine Töchter, Dori und Fiore; die Enkelinnen, Margherita und Nina sowie die Urenkelin Anna. Auch sein Bruder Dado spricht immer wieder mit Arturo, aber auf eine ganz andere Art und an einem ganz anderem Ort. Leider war nicht immer klar, welche der Frauen gerade spricht und ihr Herz ausschüttet. Die Stimmen der Frauen waren leider recht verwechselbar und ich brauchte ein paar Absätze, um herauszufinden, wer spricht. Es sind herzzerreißende, aber auch ein wenig klischeehafte Tränen, die an Arturos Krankenbett geweint werden. Im Mittelpunkt steht natürlich ein großes Familiengeheimnis, das die Familie zerrüttet hat und sie nun mehr oder minder wieder vereint. Leider ist dieses Familiengeheimnis nicht sehr originell… Ich finde es an dieser Stelle auch wichtig zu erwähnen, dass das Thema Suizid eine große Rolle im Roman spielt.

Noch etwas, das mich ins Grübeln gebracht hat: Arianna Mortelliti ist die Nichte des berühmten italienischen Krimi-Autors Andrea Camilleri (*1925 †2019). Laut Klappentext war sie schriftstellerisch auch seine Schülerin. Da ich noch keinen Roman von Camilleri gelesen habe, der in der italienischen Literaturlandschaft ja als Klassiker gilt – Schande über mein Haupt – kann ich nicht sagen, inwiefern sich die Stile ähneln oder nicht. Leider musste ich mich fragen, ob ich es hier mit einem Nepo-Baby zu tun habe, denn „Quella volta che mia moglie ha cucinato i peperoni“ ist ihr Debüt. Ich finde es schade, aber verständlich, dass sich hier zu Marketingszwecken der Name ihres berühmten Großvaters verwendet wird.


Mein Fazit

„Quella volta che mia moglie ha cucinato i peperoni“ von Arianna Mortelliti ist ein interessantes Debüt zum Thema Sterben. Der Roman wartet mit einigen Höhen und Tiefen, Stärken und Schwächen auf und er konnte mich nicht total aus den Latschen hauen, aber die richtigen Ansätzen waren da.


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