Das Buch liegt auf einer weißen, flauschigen Decke umgeben von zahlreichen kleinen Fledermäusen aus Pappe

[Rezension] Horseman

Horseman – Christina Henry

Das Buch liegt auf einer weißen, flauschigen Decke umgeben von zahlreichen kleinen Fledermäusen aus schwarzer Pappe

Verlag: Penguin Random House | Seiten: 320
Erschienen: 2021

Kurzbeschreibung: Sleepy Hollow Retelling?

Nach dem Tod seiner Eltern wächst Ben bei seinen Großeltern auf. Nachdem Ben im Wald den kopflosen Leichnam eines Jungen aus dem Dorfes entdeckt, beginnt er die Geschichte des Dorfes und seiner Familie zu hinterfragen. Auf seiner Suche nach der Wahrheit begegnet ihm der kopflose Reiter und ein weiterer Schrecken treibt sein Unwesen im Wald rundum das Dorf.


Meine Meinung: Wo ist der Gruselfaktor hin?

Nach „Die Chroniken von Peter Pan. Albtraum im Nimmerland“ war ich ganz erpicht darauf, etwas Neues von der Autorin zu lesen. Der Klappentext klang vielversprechend und die Freude war groß – nur währte sie leider nicht lange. Schade!

Ich kenne die Originalgeschichte von „Sleepy Hollow“ nicht, dennoch konnte ich diesem Retelling, das lose an die Ereignisse aus Sleepy Hollow angelehnt ist, etwas abgewinnen. Zu Beginn war die Geschichte sehr spannend und mich hat es sogar sehr gegruselt (dabei lese ich wirklich sehr ungern Bücher aus dem Horror-Genre). Der hohe Gruselfaktor kommt dadurch zustande, dass es der Autorin sehr gut geligt den abstrakten Schrecken, die düstere Atmosphäre und die Angst in Worte zu fassen und darzustellen. Ich war vollständig in der Geschichte abgetaucht.

Doch ab dem Zeitpunkt, an dem sich die mysteriösen und eindeutig übernatürlichen Todesfälle der Kinder häufen und keine Aufklärung versucht wird, sondern nur eine Art Hexenjagd gegen den Protagonisten Ben veranstaltet wird, verliert der Roman schlagartig an Spannung. Mit jeder Seite wurde es zunehmend haarsträubender, langatmiger und unverständlicher.

Ich denke die Autorin hätte ein paar mehr Erklärungen einstreuen und versuchen sollen, dem Horror ein Fundament zu geben, auf dem es richtig wachsen, gedeihen und Teil der erzählten Welt werden kann. Ich hatte das Gefühl, dass der Schrecken, von dem die ganze Zeit die Rede war, kein echter, organischer Bestandteil der Welt war, in der sich die Figuren bewegen. Daher fiel es mir auch sehr schwer, die Auflösung und die Zusammenhänge nachzuvollziehen. Insgesamt erschien mir der Horror ein wenig zu sehr aus der Luft gegriffen und zu rudimentär dargestellt. Somit verabschiedete sich das Gänsehautgefühl langsam aber sicher und wurde von einer gerunzelten Stirn und genervtklingenden Seufzern abgelöst. Es kam mir so vor als würde ein wichtiges erzählerisches Puzzleteil fehlen. Dieses Gefühl blieb bis zum Schluss. Vor allem hinsichtlich der Rolle des Horsemans fehlten mir hier und da die Zusammenhänge.

Die einzigen Figuren, die irgendwie Hand und Fuß hatten, waren Ben, sein Großvater Brom und seine Großmutter Katrina. Ben ist eine Vollwaise und lebt bei seinen Großeltern, die an einem abgeschiedenen Ort in der neuen Welt leben. Die anderen Figuren rotieren um diese Konstellation herum und tragen sonst nicht so sehr viel zur Handlung bei.

Ein im Roman sehr breitgetretener Plotpunkt ist Bens Genderidentität und seine (übertriebene und langweilige) Bewunderung gegenüber seines Großvaters Brom und die sich ständig wiederholenden Vorwürfe von Bens Großmutter Katrina. Mir ist klar, dass Bens Genderidentität ein Schlüsselelement in der Geschichte darstellt, dennoch war die Umsetzung ein wenig daneben. Im ersten Drittel des Romans schmiegen sich diese Diskussionen nahtlos in die Geschichte ein. Danach nehmen sie, vor allem die ewiggleichen Lobgesänge auf den Großvater, dem Horror sehr stark den Raum und beschweren und verlangsamen den Fortgang der Geschichte.

Insgesamt bleibt zwar während der gesamten Handlung eine gewisse Grundspannung bestehen, nur wurde das Gruselpotential nicht vollständig ausgeschöpft. Es blieb zu abstrakt, unzusammenhängend und verkümmerte im Laufe der Handlung. Häufig hatte man das Gefühl, dass sich die Geschichte sehr stark im Kreis dreht und man gefühlt nicht vorankommt.


Mein Fazit: Nichts Halbes, nichts Ganzes

Leider konnte mich „Horseman“ nicht so ganz überzeugen. Ich habe einfach mehr erwartet: Die ganze Geschichte um den Horseman, das Monster und Bens Rolle in der ganzen Sache hing ziemlich in der Luft, mit zu vielen losen Enden und zu festen Knoten, wo keine sein sollten. Sehr schade!


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