[Rezension] Die verborgenen Stimmen der Bücher

Die verborgenen Stimmen der Bücher – Bridget Collins

Originaltitel: The Binding | Übersetzerin: Ulrike Seeberger
Verlag: Aufbau Verlag | Seiten: 467
Erschienen: 2019

Kurzbeschreibung
Emmett Farmer soll bei der Buchbinderin Seredith in die Lehre gehen. Schnell lernt er, dass die Buchbinderei kein gewöhnliches Handwerk ist und dass Bücher nicht einfach nur Bücher sind. Als mitten in der Nacht ein junger Mann in die Buchbinderei kommt, nimmt das Schicksal seinen Lauf und Emmetts Kampf um seine Erinnerungen und seine Liebe beginnt.


Meine Meinung
Das Wichtigste vorweg: Das hier ist KEIN Fantasyroman. Wirklich nicht, auch wenn der Klappentext etwas anderes vermuten lässt. „Die verborgenen Stimmen der Bücher“ ist ein ziemlich kitschiger Liebesroman mit schwachem Fantasy-Einschlag. Klappentext und Titel versprechen viel mehr als die Geschichte hält. Ich habe so viel mehr Magie und Fantasy erwartet. Ich wurde so richtig enttäuscht. Die Ausgangsidee: Erinnerungen in Bücher binden? Klasse! Die Liebesgeschichte? Och ne, muss das sein? Und dann auch noch so klischeehaft bearbeitet.

Es fing gut an, dann ging es rasant bergab.

Na gut, dann reden wir mal über diesen Liebesroman. Grob und gut, das Einzige, was mir daran gefallen hat, war dass sich das ganze Drama um eine LGBTQ-Beziehung dreht – sowas habe ich bisher noch kaum gelesen. Wäre es anders gewesen (also hätte der Roman eine heterosexuelle Liebesgeschichte thematisiert), hätte ich das Buch höchstwahrscheinlich abgebrochen (das wäre sehr schade um die 22€ gewesen) – aber ich war neugierig.

Die Beziehung steht unter keinem guten Stern. Emmett und sein Partner müssen sich gegen unglückliche und widrige Umstände, eine intolerante Gesellschaft und gegen die eigene Sturheit durchsetzen. Joa, ist jetzt nichts Neues, oder? Es ist eine schöne und tragische Liebesgeschichte, aber leider auch ziemlich 0815 und damit langweilig. Und dann auch noch diese Dreiecksbeziehung. Meine Güte, sehr nervig.

Einen mageren Pluspunkt sammelt der Roman mit dem Setting. Die Handlung spielt auf dem Land und in der Stadt. Dieser Gegensatz schlägt sich in der Stimmung, den Figuren und der Handlung nieder. Die Stadt erinnert an ein London zur Zeit der frühen Industrialisierung bzw. zu Zeiten des Viktorianischen Zeitalters. Es ist düster und das schlägt sich auch in den behandelten Themen nieder (ua Vergewaltigung, Inzest). Es werden immer wieder Gegensätze aufgemacht (wie zB Tradition und Fortschritt), an denen sich auch der Schreibstil, die Stimmung usw orientieren. Das hat mir sehr gut gefallen

Insgesamt ist das Erzähltempo recht lahm und es geht nur stockend vorwärts. Es passiert aber auch einfach nicht sehr viel. Und das was passiert wird lang und breit erzählt. Die wichtigsten Handlungspunkte sind sehr vorhersehbar (ganz besonders die Entwicklung der Liebesgeschichte).

Gegen Ende wurde ich auch immer ungeduldiger. Nicht, weil ich neugierig auf den Ausgang der Geschichte war (OMG! Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht? Mensch, ist das spannend!!!111!), sondern weil es mich einfach nur noch gelangweilt hat. Und wenn man Fantasy schon als Brückenelement verwendet, sollte man auch darauf achten, richtig damit zu arbeiten. Leider ist dies der Autorin nicht gelungen. Es ist so Vieles offen geblieben.

Die Aufmachung des Romans ist wirklich außergewöhnlich: sehr schönes und künstlerisches Cover, tolle Farben, farbiger Buchschnitt (ein sattes Blau) und ein Lesebändchen. Aber ein schönes Äußeres kann vielleicht im ersten Moment täuschen, sobald man sich aber genauer damit auseinandersetzt, hilft auch das schönste Kleid nicht mehr. Ach ja, und der Originaltitel „The Binding“ ist auch viel angemessener als der deutsche Titel (vor allem im Hinblick auf den Inhalt und die doppeldeutige Bedeutung der Wörter the binding/to bind).

So, und jetzt würde ich gerne die richtige Geschichte lesen. Also die, in der es um den Zauber des Buchbindens geht!?


Mein Fazit
Vielversprechender Einstieg, überzeugende Ausgangsidee, stockender Mittelteil und langweiliger Ausgang. Das Cover ist schön, kann aber über den Inhalt nicht hinwegtäuschen. Ein schnulziger Liebesroman mit schwachem Fantasy-Einschlag. Einiger Pluspunkt: Es handelt sich nicht um eine schnöde heterosexuelle Liebesgeschichte. Leseempfehlung? Puh – je nachdem was man sucht. Liebesgeschichte? Ja! Fantasyroman? Finger weg!

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