[Rezension] Das brennende Mädchen

Das brennende Mädchen – Claire Messud

DasbrennendeMädchen

Verlag: Hoffmann und Campe | Seiten: 252
Originaltitel: The Burning Girl | Übersetzerin: Monika Baark
Erschienen: 2018

Kurzbeschreibung
Julia und Cassie sind beste Freundinnen: sie sind unzertrennlich und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Während Cassie eher impulsiv und ungestüm ist; ist Julia zurückgezogen und ein Mauerblümchen. Ihre Freundschaft hält nicht ewig: Eines Sommers beginnt ihre Freundschaft zu bröckeln, leise, ganz unmerklich leben sie sich auseinander. Rückblickend macht sich Julia auf die Suche nach den Ursachen.


Meine Meinung
Während Julia und Cassie füreinander Feuer und Flamme sind, habe ich zwei Anläufe gebraucht, um mit dem Buch überhaupt warm zu werden. Beim zweiten Mal sind zwar ein paar Funken übergesprungen, aber diese haben keine übermäßig große Begeisterung entfacht.

Freundschaften zerbrechen – aus vielerlei Gründen: weil neue Menschen ins Leben treten, weil man unterschiedliche Interessen entwickelt, aber auch wegen der Einflüsse seiner Mitmenschen (allen voran dem Einfluss der Eltern). Bei Julia und Cassie kommt all dies zusammen. Doch was ihre Geschichte außergewöhnlich und somit erzählenswert macht, sind Cassies Lebensumstände, ihre Verlorenheit, nicht nur in der Welt, sondern (und das ist ganz besonders ausschlaggebend) in ihrem eigenen Zuhause und ihrer Familie.

Die Erzählung teilt sich auf drei verschiedene Teile auf. Teil 1 und Teil 2 sind sowohl inhaltlich als auch stilistisch unglaublich stark: Es geht um das Erwachen und das Wachsen der Freundschaft, aber auch um das langsame Wegdriften. Die Autorin schildert diese Aspekte auf eine sehr glaubwürdige Weise mittels eindrucksvoller Passagen. Wenngleich diese immer mal wieder etwas zu forciert und klischeehaft wirken. Gelegentlich habe ich mich selbst und einige vergangene Freundschaften im Text wiedererkannt.

Die Rollenverteilung zwischen den Mädchen ist von Anfang an klar. Dies macht die Geschichte und ihren Ausgang leider auch sehr durchschaubar und vorhersehbar. Man weiß genau, welches der beiden Mädchen „gut“ und welches „schlecht“ wegkommt. Julia fand ich extrem nichtssagend: aus gutem Hause, überheblich und ein Mauerblümchen. Sie gewinnt allein durch ihre Freundschaft zu Cassie an Form und Bedeutung. Julia ist nur wichtig, wegen der Ereignisse, die ihre beste Freundin betreffen. Cassie ist aufmüpfig, mutig und impulsiv. Aber selbst sie schafft es in meinen Augen nicht herauszustechen (womöglich weil nicht sie diejenige ist, die die Geschichte erzählt).

Die Einseitigkeit der Erzählung kommt sehr stark zum Tragen. Die Ereignisse werden nur aus Julias Sicht erzählt und darunter leidet die Qualität der Geschichte. Denn es gibt immer zwei Seiten, der man Gehör schenken muss; aber in diesem Fall wird man gezwungen, sich auf die Schilderungen von Julia und somit auf deren Wahrheitsgehalt zu verlassen. Ich hätte es sehr sehr schön und authentisch gefunden, wenn die ganze Geschichte auch noch aus Cassies Sicht erzählt worden wäre. Denn ihre Sicht auf das Geschehen fände ich viel interessanter und aufschlussreicher als die von Julia. Denn Cassie ist eine Rebellin, ihr Leben ist viel komplizierter, düsterer und undurchschtiger als das von ihrer Freundin. Ihre unkonventionelle Sicht auf das Leben und somit auf das Wesen der Freundschaft hätte die Geschichte um einiges bedeutsamer und einzigartiger gemacht.

Die Erzählung des 3. Teils besteht fast nur noch aus Hören-Sagen und Vermutungen. Die in Teil 1 und Teil 2 durch Subjektivität erzeugte, krasse Authentizität geht hier immer weiter verloren. Zusätzlich wird die Erzählung sehr langatmig, verliert an Lebendigkeit und Ehrlichkeit, die die ersten beiden Teile so spannend und aufregend gemacht haben.

Gegen Ende nimmt die Handlung zwar nochmal Fahrt auf, kommt aber trotzdem irgendwie nicht so richtig in Schwung und bleibt in der Luft hängen. Es werden noch viele gesellschaftlich relevante Themen angesprochen, aber sie werden halbherzig und in einem großen Aufwasch behandelt. Somit mangelt es der Auseinandersetzung an Tiefe und auch an Ernsthaftigkeit.


Mein Fazit
Ein Coming-of-Age-Roman, der sich mit dem Thema Freundschaft beschäftigt und Fragen nach ihrem Wesen, ihrer Bedeutung für die Gesellschaft aber auch für den Einzelnen stellt. Diese Fragen zu stellen, vor allem in unserer Wegwerfgesellschaft ist wichtig. Aber leider haben mich die Art und Weise der Umsetzung dieser Diskussion nicht sonderlich aus den Socken gehauen. So wirklich neue Erkenntnisse habe ich leider nicht mitnehmen können. Für mich leider kein Highlight, aber als Lektüre für Zwischendurch vollkommen ausreichend.

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